Hochgesteckte Ziele – das Ende für Projekte und gute Geschäftsideen?

Sehr hohe Ansprüche – das ist etwas was in jeder Definition von Perfektionismus steht. Sehr hohe Ansprüche an sich selbst, an die eigenen Leistungsmöglichkeit und damit auch sehr hochgesteckte Ziele – oft absolut unerreichbare Ziele.

Jetzt sind hochgegriffene Ziele grundsätzlich nichts Schlechtes. Es gibt sie bei OKR – Objectives and Key Results – als Moonshot-Ziele, Ziele die so weit über dem eigenen Horizont und den Möglichkeiten liegen, dass sie zu kreativen Ansätzen und neuen Denkweisen anregen.
Moonshot-Ziele sind wunderbar, um die Perspektive zu wechseln – ideal für alle die Herausforderungen lieben. Für perfektionistische Einzelunternehmer:innen würde ich sie nur bedingt empfehlen. Sie entfalten ihr volles Potenzial vor allem im Team zu wirken, für kreative Ideenfindungsmethoden, für ausgelassenes Brainstorming. Im Rahmen geht das auch allein, aber im Team ist es besser – ob nun als Erfolgsteam, Mastermind oder mit sonstigen Sparringspartner:innen.

Die meisten Perfektionist:innen, die ich kennengelernt haben, haben nämlich grundsätzlich eine sehr ambitionierte Planung.
Kürzlich habe ich mit einem befreundeten Coach über Produktivitätsstrategien gesprochen. Ich überlege kompakte Workshops anzubieten und Effektivitäts-Hacks wären eine Möglichkeiten, in die solche kurzen Trainings gehen könnten. Eine seiner Strategien empfiehlt die Kalender-Planung konsequent einzuhalten. Was aber, wenn der Kalender grundsätzlich schon sehr voll ist und Arbeitszeiten sehr optimistisch geplant werden? Perfektionist:innen neigen dazu Tage zu voll zu planen, die Zeit, die ein Arbeitsschritt dauert zu knapp zu kalkulieren, zu wenig Pausen zu planen, die eigene Produktivität zu überschätzen.

So habe ich nicht viele Perfektionist:innen kennengelernt, die an diesen hohen Zielen regelmäßig scheitern. Manchmal scheitern sogar Geschäftsideen an diesen hohen Zielen. Denn wer mit voller Ambition startet und sich neben der Anstellung oder einer bestehenden Vollzeit-Selbstständigkeit noch viel für eine neue Geschäftsidee vornimmt, wird zwangsläufig Phasen erleben, in denen es nicht aufgeht. In denen das Konzept für die Website nicht fertig wird zur selbst gesetzten Deadline. Und dann kommen sie die Zweifel, die das Dranbleiben erschweren: Bin ich gut genug? Ist das wirklich mein Thema, wenn ich diese Aufgabe schon nicht schaffe?
Auf meiner Wand von Post-its sind zwei zum Thema „Fokus“. Ich weiß, was mich motiviert und mich demotiviert. Ich weiß, dass Zweifel dazugehören. Ich weiß, dass das eine Langstrecke ist und auf vielen Etappen nicht die zurückgelegten Kilometer oder die zu feiernden Meilensteine wichtig sind, sondern dranzubleiben. Im Italienischen heißt es „Chi la dura la vince“, wer durchhält, gewinnt. Beharrlichkeit ist so viel wichtiger als Euphorie. Nein, nein damit meine ich nicht dieses „blood, sweart and tears“. Klar, es wird anstrengend sein. Komfortzonen wirst Du da und dort neu überdenken. Aber es muss kein Leidensweg sein. Ja, die ein oder andere Wegstrecke wird sich als falsch herausstellen – dann geht es eben wieder zurück. Im besten Fall bin ich dadurch klüger, manchmal auch nicht. Vor ein paar Monaten habe ich dazu einen Beitrag geschrieben: Feiere den Prozess.

Sei weiter ambitioniert, steckt Dir ab und an hohe Ziele. Hole Dir manchmal andere Meinungen – realistisch sein und groß träumen, das geht.

Auch Teil bei OKR ist die klassische dreiteilige Zielabstufung: Minimal-Ziel, Okay-Ziel und Richtig-gut-Ziel. Ich mag dieseb Rahmen, weil er meinem planfreudigem Hirn Struktur gibt. Ich überlege mir dann auch, wie ich jede der drei Zielebenen schaffen kann. Gerade wenn rundherum alles sehr dicht ist, ist es gut zu wissen, was für das Minimum an Aufwand benötigt oder wann eine Neuterminierung mehr Sinn macht. Was mein Dranbleiben zusätzlich erleichtert: Ich überlege mir was es bedeutet, wenn ich es nicht schaffe. Wo ist ein Nicht-Gelingen okay, wo nicht und wie ist meine „Exit-Strategie“? Weil Aufhören ist nicht immer Scheitern, tatsächlich ist Aufhören manchmal noch viel schwieriger als Starten.

Ja, jede gute Geschäftsidee braucht realistische Zielsetzungen, umsetzbare Pläne und eine Exit-Strategie.