„Wie schaffst Du das alles?“, bin ich kürzlich gefragt worden.
„Gar nicht.“ war meine Antwort.
Ich schaffe es so, wie das Laufenlernen funktioniert: Aus probieren, immer wieder probieren, einige Schritten in die Richtung gehen, stoppen, gleich wieder probieren oder morgen probieren.
Damit, dass ich immer darauf achte, dass das Dringende nicht das Wichtige frisst, dass ich jede Woche ein paar Schritte, manchmal nur Bewegungen und Gedanken in die wichtige Richtung mache.
Und manchmal ist dieses eine wichtige Projekt, das ich ins Leben bringe dann doch nicht das wirklich Wichtige, sondern ein Schritt in eine Richtung, auf einem Weg, der auch wieder verlassen werden darf – eine Erfahrung, ein Lernen. Etwas, das ich vielleicht Jahre später wieder brauche – oder auch nicht. Ähnlich wie bei einer Reise, wo die Reise selbst das Erlebnis ist. Nicht, weil ein Highlight das andere jagt, sondern das Sein: das Atmen der Meeresluft, der Duft von Rosmarin und Thymian beim Wandern, das Blau des Himmels, das Schauen und Wahrnehmen.
Was für ein Glück, dass wir alle das Laufen gelernt haben, weil irgendwann seither habe einige von uns verlernt, dass das Versuchen, das Nichtgelingern, das Scheitern, das Versagen, das Wiederversuchen dazugehört – in der Selbstständigkeit und im Privaten.
Weiß Du noch bei der Reise damals nach Rom, in der kleinen Eckkneipe in Madrid, die verwinkelten Gassen in Edinburgh und die Treppen hinunter ins Pub, das Straßenlokal in Porto? Als Du beim Bestellen auf irgendetwas in der Karte gezeigt hast oder auf das Teller der Frau neben Dir. Das, genau das. Keine Ahnung, was Du da genau bestellt hast. Hätte auch in japanischen Schriftzeichen stehen können. Und? Mit viel Glück war das richtig köstlich, genau nach Deinem Geschmack. Auf alle Fälle war es ein Abenteuer. Eins, das Du erzählen kannst.
Lass uns das Leben wieder abenteuerlicher leben. Rezepte ausprobieren, neue Gewürze kaufen, Zutaten vom Markt mitnehmen, mit denen wir noch nie gekocht haben und diese eine neue Projekt starten, dieses bei dem uns ein wenig mulmig ist, weil… ja, weil es uns wirklich viel bedeutet. Weil es wirklich ein wenig schmerzhaft ist, es zum erste Mal laut zu sagen. Weil wir sowas wirklich noch nie gemacht haben, weil es wirklich nicht gelingen kann.
Ja, und? Als ob wir einem wildfremden Kaninchen hinterher in ein noch nicht besuchtes Erdloch folgen würden. Nein, eh nicht. Nur ein neues Projekt. Eines ohne Erfolgsgarantie – aber hey, nicht vergessen: eines mit Erfolgsmöglichkeit und Abenteuerversprechen.
Also: „wie schaffst Du das nur?“ – „In dem ich einmal öfter weitergemacht als aufgehört habe. Indem ich vorwärtsstolpere und ganz manchmal schaut es wie Tanzen aus.
Und nein, es war dazwischen nicht immer lustig.
Aber manchmal schon.“
Alles ist unerreichbar, wenn wir es nicht versuchen.